Abschlussportfolio

Am Ende des Schuljahres 2014/15 erhielten unsere Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse erstmalig zum Abschluss ihrer Schulzeit von 12 Jahren das Abschlussportfolio der Waldorfschulen in Deutschland.
Form und Inhalt dieses Abschlussportfolios entstanden in einem Projekt der Waldorfschulen in NRW, welches nun auf Bundesebene ausgeweitet wurde. Das Abschlussportfolio dokumentiert die während der Oberstufe erbrachten schulischen und außerschulischen Leistungen der Waldorfschüler.

Es soll – nachdem den Waldorfschulen vor einigen Jahren schon die zentralen Prüfungen auferlegt wurden – die Wertigkeit des Waldorfgedankens wieder in den Vordergrund rücken. Als krönenden Abschluss der persönlichkeitsbildenden Waldorfzeit erhalten die Schülerinnen und Schüler dieses neu konzipierte Portfolio.
 
Dieser waldorfspezifische Befähigungsnachweis weist vier tragende Säulen aus:
 
1. Praktika
Landwirtschaftspraktikum, Feldmesspraktikum, Handwerks- und Industriepraktikum, Sozialpraktikum,
Betriebsorientierungspraktika
 
2. Waldorfschulabschluss (12. Klasse)
Jahresarbeit, Klassenspiel, Kunstabschlussfahrt, Eurythmieabschluss
 

3. Individuelle Kompetenzen
individuelles Kompetenzportfolio, handwerkliche und/oder künstlerische Arbeiten
 
4. Zeugnisse
Abschlusszeugnis der Waldorfschule, Klasse 12 und Zeugnis Klasse 11 (mittlerer Abschluss), Zertifikate
 
 
 
Jede dieser Säulen bildet einen Bereich des Abschlussportfolios, in dem die jeweiligen Dokumente abgeheftet werden. Mit dem Dokument des Waldorfabschlusses im Gewand des APF tragen die Schülerinnen und Schüler ihre Talente und künstlerischen Fähigkeiten mit sich in die Berufswelt hinaus. Ein Nachweis ihrer Befähigungen, der nicht nur aus Noten besteht, sondern ganz und gar vom Geist der Waldorfpädagogik geprägt ist.
 
Noch in der Vorbereitungsphase vor Ausgabe der APF-Mappen  hatte ein Interview mit einem Elternteil und Mitglied des APF-Teams, Herrn Borgolte, stattgefunden.
Redaktion: Herr Borgolte, Sie haben gemeinsam mit anderen Eltern und Lehrern der Schule den Weg für das Konzept des Abschlussportfolios an unserer Waldorfschule vorbereitet und geebnet. Woher kam der Impuls?
 
Herr Borgolte: Der Impuls kam aus der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen in NordrheinWestfalen. Hier wurde verdeutlicht, welche Möglichkeiten und Chancen das APF unseren SchülerInnen gibt. Sämtliche Abschlussdokumente der Regelschulen händigen einen Leistungsnachweis aus. Das APF der Waldorfschulen führt vielmehr einen Kompetenz- und Befähigungsnachweis. Diese Art der Dokumentation würdigt die Entwicklung unserer SchülerInnen im Besonderen und ist ein Meilenstein auf dem Weg hin zur internationalen Anerkennung des Waldorfabschlusses als Hochschulzugangsberechtigung.
 
Redaktion: Der 12. Klasse wird der Waldorfabschluss nun zum ersten Mal im Rahmen des Abschlussportfolios ausgehändigt. Gab es Probleme bei der Dokumentation einiger Praktika und Projekte?
 
Herr Borgolte: Hier muss ich zugeben „Ja“! Für die SchülerInnen der 12. Klasse mussten die Vorgaben und Hilfen – was es wie und wann zu dokumentieren galt - erst geschaffen werden. Daher ist das erste APF unserer Detmolder Waldorfschule in jeder Hinsicht ein Startpunkt. Das APF-Team und das gesamte Lehrerkollegium tun jedoch alles, damit der APF-Jahrgang 2015 ein Erfolg wird.
 
Redaktion: Welche Belege und Zertifikate muss der Neuntklässler in Zukunft sammeln? Was kann alles dokumentiert werden?
 
Herr Borgolte: Dokumentiert wird all das, was die persönliche Kompetenz, bzw. Sozialkompetenz beschreibt. Wir haben Vorgaben formuliert, welche Nachweise von  SchülerInnen zu führen sind. Dies dient zur Qualitätssicherung und gibt Mindestanforderungen für die Erlangung des APF vor. Diese Dokumente müssen von der Oberstufenkonferenz genehmigt werden. Danach ist geplant, diese Vorgaben im Internet-Auftritt der Schule zu veröffentlichen und damit transparent zu machen.
Wichtig ist, dass die SchülerInnen ab der 9. Klasse sowohl handwerkliche und künstlerische Arbeiten dokumentieren als auch eine Schülerselbstreflexion der Praktika verfassen. Daneben werden schulische Zertifikate wie
z. B. Mitarbeit in der Schülervertretung, im SSD, als TheaterScout oder auch Busbegleiter durch das APF-Team erstellt. Alle diese Dokumente werden in einer SchülerInnen-APF-Akte gesammelt.
Redaktion: Worauf müssen die Lehrer und Schüler achten?
 
Herr Borgolte: Die Klassenbetreuer händigen den Praktikumsgebern die vom APF-Team entwickelten Beurteilungsbögen aus und geben den Schülern Hilfen zum Erstellen der Schülerselbstreflexionen.
 
Redaktion: Gibt es für Schüler Hilfestellungen zum Umgang mit dem APF?
 
Herr Borgolte: Das APF-Team bietet Workshops an, damit die Vorlagen und Dokumente von den SchülerInnen sachgerecht und effektiv genutzt werden können.
Redaktion: Welche Vorteile haben Waldorfschüler, wenn sie ihrer Bewerbungsmappe nun das APF beilegen?
 
Herr Borgolte: Das APF selbst ist für eine zu versendende Bewerbungsmappe zu groß. Für die Bewerbung gibt es eine spezielle Mappe, die einen komprimierten und auf den avisierten Arbeitgeber zugeschnittenen Kompetenznachweis enthält. Der große Vorteil des APF liegt darin, dass sich unsere SchülerInnen mit dem Erstellen des Kompetenzportfolios über die eigenen Befähigungen bewusst werden und damit gestärkt und selbstbewusst bei Vorstellungsgesprächen auftreten können. Bei einem möglichen Vorstellungsgespräch kann das APF als eindrucksvolles Dokument vorgelegt werden, das es zweifellos darstellt.
 
Redaktion: Wie zukunftsträchtig ist das APF? Es soll eine offizielle Zertifizierung geben. Wie sieht diese aus?
 
Herr Borgolte: Die Zertifizierung des APF der deutschen Waldorfschulen ist als ein erster Schritt auf dem weiten Weg zur Anerkennung als staatliche Hochschulzugangsberechtigung angedacht. Der bisherige Stand unseres APFs orientiert sich dabei an den Vorgaben der Waldorfschulen in NRW und dem Vorbild der Vorreiterschule in Bochum.
Darüber hinaus wurde vom APF-Team in Zusammenarbeit mit Herrn Hielscher, Büro für soziale Gestaltung, als weiterer Schritt ein „Corporate Design“ entworfen und dokumentiert, in dem Gestaltung und Inhalte des APF-Detmold beschrieben und begründet werden.
 
Redaktion: Herr Borgolte, wir danken Ihnen für das Gespräch und Ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Schülerinnen und Schüler.