Erdkunde

Klasse 5 bis 8

Zwei wesentliche Aufgaben hat das Fach Geographie/Erdkunde zu erfüllen:

Das Kind soll so in den Erdenraum eingeführt werden, dass es diesen existentiell erlebt, also „erdenreif“ (Rudolf Steiner) werden kann.

Die Erweckung des Interesses an der kulturellen Vielfalt der Menschen in den Erdteilen.

So kann im Geographieunterricht Bewegung und Gegenbewegung gesehen werden: Bewegung hin zur Erde, in den Raum. Und in der Zeit des Erdenreif-Werdens wird eine seelische Gegenbewegung verlangt, in dem man sich neben den physisch-geographi­schen auch mit den geistigen und kulturellen Verhältnissen der Völker befasst.

In den Klassen 5 und 6 stehen die Polaritäten zunächst in Deutschland, dann in Europa im Vordergrund der Betrachtung, z. B. Gebirge vs. Küste oder Leben in Skandinavien (Polartag/-nacht) vs. Leben im Mittelmeerraum.

In den Klassen 7 und 8 geht die Reise von Europa in die Welt: Zunächst wird den Entdeckungsreisen des 15./16. Jahrhunderts folgend Amerika betrachtet; es folgen Afrika und Asien. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Formen der Erdteile, ausgewählte Länder sowie die prägenden Flüsse, Landschaften und Gebirge kennenlernen, wobei häufig Referate zum Einsatz kommen.

Eine Besonderheit des Waldorflehrplans sind die Astronomie-Epochen in den Klassen 6 und 7. Dadurch erhalten die Schülerinnen und Schüler ergänzend zur Orientierung auf der Erde auch eine Orientierung am nächtlichen Sternenhimmel.

Klasse 9

Die Schülerinnen und Schüler erlangen im 9. Schuljahr die „Erdenreife“ Der Unterricht soll den Jugendlichen in dieser Entwicklungsphase bei der Ausbildung einer praktischen Urteilskraft helfen.

Dementsprechend steht in der Geographie-Epoche die Geologie im Mittelpunkt: Es werden die Faltengebirge und die bei deren Entstehung wirksamen endogenen Kräfte behandelt, wobei die Schülerinnen und Schüler lernen in langen erdgeschichtlichen Zeiträumen zu denken (Plattentektonik). Des Weiteren werden die überformenden Prozesse der Sedimentation und Erosion betrachtet (z. B. bei der Vergletscherung weiter Teile Europas) sowie die Prozesse der Gesteinsbildung und die unterschiedlichen Gesteinsarten.

Klasse 10

Während der Neuntklässler eine eher einheitliche Weltsicht besitzt, zerfällt diese jetzt in durchaus gegensätzliche Anschauungen. Gleichzeitig beginnen die Schülerinnen und Schüler den eigenen seelischen Innenraum zu entdecken und sie können feiner und differenzierter auf die Erscheinungen der Welt zugehen: Der Unterricht soll ihnen dabei helfen eine theore­tische Urteilskraft zu entwickeln.

Inhalte der Geographie-Epoche sind die Lebensvorgänge des Organismus Erde, insbesondere in der Luft- und in der Wasserhülle. Neben dem Aufbau dieser Sphären werden die innewohnenden dynamischen Prozesse erarbeitet. Darüber hinaus werden die ökologischen Auswirkungen des menschlichen Wirkens analysiert und aktuelle Bezüge zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler hergestellt.

Klasse 11

Im 11. Schuljahr kommen die Schülerinnen und Schüler zu einer deutlichen Selbstfindung und gewinnen Vertrauen zu den eigenen Seelenkräften. Sie entwickeln in diesem Alter eine beseelte Urteilskraft.

Im Unterricht werden einerseits die Landschaftszonen der Erde als Ökosysteme sowie die anthropogenen Eingriffe und daraus resultierenden Folgen auf diese untersucht, andererseits werden die wirtschaftlichen Aktivitäten und deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt betrachtet; zentrale Stichworte in diesem Zusammenhang sind Globalisierung und Nachhaltigkeit.

Klasse 12

Mit fortschreitender menschlicher Reife kann in diesem Schuljahr der Aspekt einer zunehmenden Verantwortung des Einzelnen, der Staaten und der Völkergemeinschaft verinnerlicht werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollen die angebotenen Themen und Methoden des Unterrichts die Ausbildung einer individuellen Urteilskraft unterstützen.

Anhand exemplarischer Fragestellungen werden aus unterschiedlichen Sichtweisen (individuell vs. global) heraus länder- und wirtschaftskundliche Querverbindungen herge­stellt. Dabei wird etwa ausgehend von dem vorhandenen weltweiten Angebot an Nahrungs­mitteln nach den Ursachen der ungleichen Verteilung (Unter- vs. Überer­nährung) gesucht und dabei vielfältige Lösungsansätze in Abhängigkeit von klimatischen, ökologischen und sozialen Aspekten diskutiert. Auch wird die Rolle des Einzelnen im Getriebe des Ganzen kritisch reflektiert, z. B. beim Thema Tourismus.

Am Ende der Waldorfschulzeit müsste den Schülerinnen und Schülern deutlich geworden sein, dass ein neues Bewusstsein im Sinne der Partnerschaft des Menschen mit der Erde notwendig ist und jeder Einzelne dabei mitwirken sollte.